Von Zellstoff bis Canvas | Die Grundlagen der FineArt-Papiere im Inkjet-Druck

1 | Einführung: Warum das Basismaterial zählt

Bei hochwertigen Inkjet-Drucken (oft als „Giclée“-Drucke klassifiziert) ist das Trägermaterial – also das Papier oder die Leinwand – nicht nur bloße Oberfläche. Es ist ein integraler Teil des Gesamtergebnisses: Weißgrad, Farbdichte, Dmax, Detailzeichnung, Haptik und Alterungsbeständigkeit hängen unmittelbar von Faserstruktur, Beschichtung und Materialkomponenten ab.

Ein idealer Träger ist säurefrei, ligninfrei, dimensionsstabil und besitzt eine Oberfläche, die die Tinte kontrolliert aufnimmt und fixiert, ohne sie verlaufen zu lassen. 

Im Folgenden beleuchten wir fünf Basismaterialien und erläutern, worin sich ihre technischen Eigenschaften unterscheiden.

Zellstoff Inkjet-Papiere

2 | Zellstoff (Alpha-Cellulose)

Herkunft & Herstellung

  • Alpha­-Cellulose bezeichnet den Anteil sehr reiner Zellulose, der nach chemischer Aufbereitung übrigbleibt – mit allen säureproduzierenden Bestandteilen, etwa Lignin oder Hemizellulosen, entfernt. 

  • Die Ausgangsfaser stammt meist aus Holzzellstoff (oft Nadel- oder Laubholz), der in mehreren Schritten chemisch (Kochprozess, Bleiche, Reinigung) aufgereinigt wird.

  • Ziel: ein Basispapier mit hoher Reinheit, guter Helligkeit, geringem Rückstandsgehalt und stabiler Struktur.

Eigenschaften & Einsatz

  • Alpha-Cellulose-Papiere gelten als Standard für hochwertige Fotodrucke, wenn nicht explizit Baumwoll-„Rag“ eingesetzt wird. 

  • Sie sind oft etwas steifer und kompakter als reine Baumwollpapiere, aber in vielen Fällen ausreichend für langlebige Kunstdrucke.

  • Die Tintenaufnahme wird durch Spezialbeschichtungen gesteuert, allein bildet die Faser noch keine optimale Druckoberfläche. 

  • Im Vergleich zu Baumwollpapieren ist ihre Haptik „neutraler“ und die Oberflächentextur stärker durch die Beschichtungsstruktur geprägt. 

  • Vorteil: oft günstiger in der Herstellung und damit im Marktpreis, dennoch mit guten Ergebnissen für FineArt- sowie Fotodrucke. 

Grenzen

  • In Extremfällen (z. B. sehr feine Tonabstufungen in Schatten oder bei Einsätzen mit besonders hoher Alterungsanforderung) kann Baumwolle Vorteile bringen.

  • Die Stabilität gegen hohe Feuchtigkeitsschwankungen kann geringer sein als bei Baumwollpapieren, sofern nicht speziell verstärkt oder gestützt.

BaumWoll / Rag Inkjet-Papiere

3 | Baumwolle (Rag)

Hintergrund & Motivation

  • „Rag-Papiere“ setzen traditionell auf Baumwollfasern (oft 100 % Baumwolle), analog zu klassischen Künstlerpapieren.

  • Baumwollfasern sind langfaseriger als viele Holzzellulosefasern und verfügen von Natur aus über eine hohe Zug- und Reißfestigkeit.

  • In der Konservierungs- und Museumswelt gelten Baumwollpapiere als eines der stabilsten Materialien für grafische Arbeiten.

Technische Charakteristik

  • Feinere Haptik, weichere Oberfläche, generell bessere Ebenlage (weniger Wellen/Verziehen) möglich. 

  • Sehr guter Alterungswiderstand, besonders wenn das Papier zusätzlich alkalisch gepuffert und frei von optischen Aufhellern ist.

  • Die Tinte wird durch die Beschichtung eingebunden, das Baumwollsubstrat selbst unterstützt durch Struktur und Bindung, trägt jedoch nicht allein die Druckqualität.

  • Wegen der Struktur der Baumwollfasern kann die Beschichtung „in die Tiefe“ etwas anders agieren als bei Zellulosepapieren, dass kann Einfluss auf Spitzlichter und Detailzeichnung haben.

Nachteile & Kompromisse

  • Höhere Herstellungskosten → höherer Marktpreis.

  • Einschränkungen bei sehr glatten, spiegelnden Oberflächen – Baumwolle ist häufig eher geeignet für matte, strukturierte Fine-Art-Oberflächen.

Inkjet-Fotopapiere aus nachwachsenden Rohstoffen

4 | Alternative Naturfasern

Beispiele & Motivation

Neben Zellstoff und Baumwolle experimentieren Hersteller zunehmend mit Fasern wie Bambus, Hanf, Abaca, Agave usw. – oft unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit oder zur Schaffung charakteristischer Oberflächen.

Ein Beispiel: Hahnemühle bietet ein Papier mit 90 % Bambusfaser an („Bamboo Gloss Baryta“), oder Mischungen aus Hanf und Baumwolle in der „Natural Line“.

Technische Besonderheiten

  • Andere Fasergeometrien und Faserlängen können die Optik, Sturktur und mechanische Eigenschaften verändern.

  • Im Idealfall kombiniert man die Festigkeit und Nachhaltigkeitsvorteile dieser Fasern mit klassischen Beschichtungen, um Druckqualität auf hohem Niveau zu gewährleisten.

  • Solche Papiere müssen oft besonders durchdacht gepuffert und beschichtet sein, um die Alterungsstabilität (PH, Feuchtigkeitsverhalten, Lichtbeständigkeit) zu sichern, ein Glück kümmern sich hierum die Hersteller.

Grenzen & Herausforderungen

  • Neue Fasern bringen Unsicherheiten bei Langzeitverhalten, bei Archiveignung oder bei Interaktion mit verschiedenen Tinten.

  • Mögliche Farbabweichungen und Weißgradunterschiede müssen sorgfältig getestet werden.

  • Marktakzeptanz ist oft niedriger als bei etablierten Materialien.

Inkjet-Fotopapiere aus PE / ResinCoated

5 | PE-Papiere (Resin-Coated / Polyethylene)

Konstruktion & Prinzip

  • PE-Papiere bestehen aus einem Grundpapier oder reinem Kunststoff, welche beidseitig oder einseitig mit einer dünnen Polyethylen-Schicht versehen sind.

  • Auf dieser Beschichtung sitzt die Tintenempfangsschicht.

  • Durch diese Konstruktion bleibt das Papier in gewisser Weise vor Feuchtigkeitseinwirkung geschützt und erhält eine extrem gleichmäßige Oberfläche.

  • Solche Papiere werden oft als „resin coated“ oder „RC-Paper“ bezeichnet.

Eigenschaften & Vorzüge

  • Sehr gute Planlage, geringe Wellenbildung, stabile Dimension unter wechselnder Luftfeuchte.

  • Die PE-Schicht isoliert das Papier leicht von Umwelteinflüssen, wodurch es schneller trocknet und weniger anfällig für Tintenbeschädigungen ist.

  • Die Tintenempfangsschicht ist hoch optimierbar für schnellen Tintenhalt, minimale Rasterung, gute Farbverläufe und starke Kontraste – deshalb häufig im Fotobereich eingesetzt. 

  • Eine gute Alterungsbeständigkeit ist möglich, solange das Grundpapier ausreichend säurefrei und pH-stabil gestaltet ist. 

Einschränkungen & Unterschiede zu Fine-Art

  • Die PE-Schicht kann bei sehr hohen Anforderungen an Alterungsbeständigkeit kritisch sein, insbesondere bezüglich Recyclingfähigkeit und Langzeitstabilität.

  • Diese Papiere tendieren weniger zu den weicheren, „kunstpapierähnlichen“ Oberflächen – sie wirken oft technischer und weniger „edel“.

  • In der Fine-Art-Szene gelten sie oft als weniger prestigeträchtig - allerdings sind neuere Varianten mit verbesserten Beschichtungen und Pufferung im Kommen.

  • Manche PE-Papiere enthalten optische Weißmacher (OBAs) oder chemische Zusätze, die sich auf Farbton und Alterungsverhalten auswirken können.

Foto-Leinwände Inkjet

6 | Canvas (Leinwand)

Materialaufbau

  • Canvas im Inkjet-Kontext ist kein Papier – sondern ein Gewebe (meist Baumwoll- oder Polyester-/Baumwollmischgewebe).

  • Das Gewebe wird mit speziell entwickelten Inkjet-Receiverschichten vorbehandelt, um eine tinteneinnehmende Oberfläche zu bieten.

  • Bei hochwertigen Varianten wird das Gewebe zusätzlich mit einem Basisliner oder Rückenkaschierung versehen, um Planlage und Stabilität zu verbessern.

Technischer Charakter & Einsatz

  • Canvas bietet eine texturierte Oberfläche, die besonders für großformatige Werke, Ausstellungen und gerahmte Objekte beliebt ist.

  • Durch die Struktur des Gewebes entstehen charakteristische „Leinwand“-Optiken wie feines Raster oder Struktur, die Teil des Gesamteindrucks werden.

  • Bei entsprechender Beschichtung gelingt auch eine feine Detailwiedergabe und gute Farbtiefe – moderne Beschichtungen erlauben hohe Qualität.

  • Die Flachlage und Spannung kann eine Herausforderung sein, insbesondere bei Rahmen oder Kaschierung – deshalb ist ein hochwertiger Medienaufbau essenziell.

Grenzen & Besonderheiten

  • Die Struktur des Gewebes kann in sehr feinen Details (z. B. feine Linien) eine leichte Limitierung bedeuten – sie „verteilt“ Tinte minimal über mehr Fläche.

  • Planlage, Spannungsverhalten und Alterung des Gewebes müssen durch einen ausbalancierten Medienaufbau garantiert sein.

 

Papier